Museum

Das Museum in Lehn

Was uns Menschen aus dem Ötztal aus früherer Zeit – die vor allem eine bäuerliche war – hinterlassen haben, begegnet uns im Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseum und im Gedächtnisspeicher Ötztal in Lehn bei Längenfeld.

Einer der wenigen noch großteils erhaltenen Ortskerne im Ötztal, die bescheidenen Wohnumstände und das alte bäuerliche Arbeitsgut machen den gesellschaftlichen Wandel im Ötztal deutlich. Das ursprünglich vertraute nimmt ab. Was für den einen gerade noch Erinnerung an die eigene Jugend ist, ist für den anderen schon fremd. Das Museum ist Teil der sichtbaren bäuerlichen Kultur des Tales.

Dadurch, dass das Museum lebt – der Flachs wird angebaut und weiterverarbeitet, die Mühle mahlt, in der Säge werden Bretter geschnitten, der Speicher speichert – werden die Spuren vom Gestern ins Heute verständlich und anschaubar und Erfahrungen können vermittelt werden.

Und nicht zuletzt gibt unser Museum Einblick in eine Welt des menschlichen Maßes – voll von notgedrungener Bescheidenheit und beinahe provoziertem Ideenreichtum.

1 — Mittelflurhaus — Hauptgebäude
Mittelflurhaus in Lehn; © Luggi Auer

Das Mittelflurhaus mit dem gewölbten Hausgang und Keller ist das Hauptgebäude der Museumsanlagen. Es stammt aus dem 17. Jahrhundert, wurde in massiver Steinbauweise errichtet und war bis Frühjahr 1966 bewohnt. Die Einrichtung und Ausstattung der Wohnräume entsprechen den Wohnverhältnissen um 1900.

Im Erdgeschoß befinden sich neben der Kassa die Stube, die Rauchküche, die obere Stube (Schulstube) und der Gaden (Milch- und Vorratskammer).

Im Obergeschoß sind die Küchen- und Stubenkammer (Schlafkammern) sowie die Ausstellungsräume zu den Themen Flachs- und Wollverarbeitung (Webkammer) und bäuerliches Handwerk (Gerätekammer).

In der Dachkammer (am Dachboden) befindet sich ein Raum für Sonderausstellungen.

2 — Backofen
Backofen in Lehn; © Luggi Auer

Dieser Backofen war im Besitz von fünf verschiedenen Familien, heute ist er Museumseigentum. Gebacken wurde alle 2 bis 3 Monate, vor allem natürlich dann, wenn wieder Mehl zugekauft oder gegen Naturalien eingetauscht wurde.

Im Museum wird während des Sommers mehrmals frisches Brot gebacken – die genauen Termine erfahren Sie beim Museumswart und im Veranstaltungskalender.

3 — Pfostenspeicher
Pfostenspeicher, um 1500; © Luggi Auer

Der Pfostenspeicher, im Volksmund „Kasten“, mit Ötztal-typischen Konstruktionsmerkmalen ist gut erhalten und ein Herzstück des Museums – nicht zuletzt auch wegen seines Alter: er wurde um 1500 errichtet. Solche Vorratsspeicher wurden immer abseits der Hofanlage errichtet, um in Brandfällen wenigstens das Überleben mit den wichtigsten Lebensmitteln zu sichern.

4 — Stall, Stadel
Stadel, links der Bauerngarten; © Luggi Auer

Der Museumsstadel mit Stall wurde 1618 erbaut und von Oberried hierher transloziert. Der Ötztaler Bauernhof ist in der Regel ein Paarhof, d.h. Wohn- und Wirtschaftsgebäude stehen voneinander getrennt. Um 1700 tritt der Einhof in der Form des sogenannten Mittertennhofes (Haus und Wirtschaftsgebäude seitlich aneinander gebaut, mit der Tenne in der Mitte) schubartig auf. Ein solcher, mit dem alten angebauten Klo, steht dem Museumshaus direkt gegenüber.

Im Stadel und dem darunter liegenden Stall finden sich heute zahlreiche landwirtschaftliche Geräte, Transportgeräte und Fahrzeuge. Im Stall gibt es zudem einen „Galtbrunnen“ zu besichtigen.

5 — Lehn 23b — Gedächtnisspeicher Ötztal
Lehn 23b – Gedächtnisspeicher Ötztal

Schon seit Jahren war es ein Anliegen des Ötztaler Heimatvereins, das benachbarte und unter Ensembleschutz gestellte „Schmiedlas Haus“ für das Museum zu erwerben. Mit Hilfe der Ötztaler Gemeinden, des EU-Förderprojekts Interreg, der Landesgedächtnisstiftung, der Dorferneuerung, des Bundesdenkmalamtes und der Kulturabteilung des Landes sowie privater Förderer wurde das Haus 2005 erworben, unter Architekt Benedikt Gratl saniert und für das Projekt „Gedächtnisspeicher Ötztal“ adaptiert. Bei der Bestandsaufnahme ergab sich zudem ein unerwartet hohes Alter des Gemäuers mit spätgotischen Elementen.

Der Gedächtnisspeicher im Winter; © Architekt Benedikt Gratl
Heute ist der Gedächtnisspeicher Ötztal ein lebendiger und wichtiger Teil des Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseums. Mehr über das „Gedächtnis des Tales“ erfahren Sie auf: www.gedaechtnisspeicher.at

 

 

6 — Säge
Die Sägemühle

Diese Sägemühle steht seit 1827 am Lehnbach. Bis dahin soll sie in der Dorfer-Au, auf der gegenüber liegenden Talseite nahe der Ache, die Gemeinschaftssäge von acht Höfen gewesen sein. Am Lehnbach ging die Säge in Privatbesitz über und wurde teilweise umgebaut. Seit der Museumseröffnung 1979 ist sie Teil des Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseums und seitdem betriebsbereit und regelmäßig im Einsatz – insbesondere auch für museumseigene Zwecke.

Die Museumssäge ist in ihren Grundzügen eine Venezianersäge, wobei sich das Schwungrad eher einer Augsburgersäge zuordnen ließe. Zahnrad und -schiene sind wohl „Modernisierungen“ der originalen Venezianersäge aus dem 19. Jahrhundert.

Die Sägemühle am Lehnbach wurde im Rahmen des Instandhaltungsprojektes im Frühjahr 2016 saniert und erstrahlt seitdem in neuem Glanz.

Die Säge während der Sanierung 2016
7 — Blockhaus
Das Blockhaus; © Pepi Öfner

Dieses Seitenflurhaus aus der Mitte des 17. Jahrhunderts war bis 1965 (!) bewohnt. Es vermittelt einen Eindruck, unter welch ärmlichen Verhältnissen ein Teil der Bevölkerung im Tal lebte.

Der Einfachheit des Äußeren entspricht auch die Innenausstattung. Bemerkenswert ist die beinahe archaische, lichtarme Rauchküche mit dem Fußboden aus Steinplatten und gestampftem Lehm, über den sich die Feuerstätte nur wenig erhebt. Küchentisch und Einrichtung sind an Einfachheit kaum zu überbieten.

8 — Pluil
Der Pluil, links ein Grommelofen

Seit 2004 befindet sich dieser „Pluil“ im Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseum. Der Oberbau des Gebäudes ist ein einräumiger Pfostenspeicher (erbaut 1664) und stand ursprünglich in Unterried („Diselar Koschtn“). Der Rundholzblockbau mit stark ausgeprägter Korbform hat einen offenen vorderen Giebel und ein Bretterdach. Die Innenvertäfelung weist wohl auf die zeitweilige Nutzung als Schlafkammer hin. Zuletzt wurde das Gebäude als Werkstatt genutzt (1970-er Jahre).

In den Pluil kommt ausschließlich der „weiße Haar“ (weißer Flachs), nachdem er entweder getrocknet oder im Grommelofen gedörrt worden ist. Die Flachsstängel wurden an der Wurzelseite mit beiden Händen gefasst und auf die Steinplatten gelegt. Die lange Daumenwelle des Wasserrades hebt danach abwechselnd die beiden Bäume, die mit mächtigem Wumm den Flachs brechen, das heißt die holzigen Teile des Stängels von der Faser lösen. Der gebrochene Flachs wird am Ende zu sogenannten Zoazen gedreht und kommt in die Schwinghütte. Die Arbeit im „Pluil“ wurde hauptsächlich von Männern im Spätsommer und Herbst ausgeführt.

9 — Mühle
Die Mühle am Lehnbach

Diese Getreidemühle in Blockbauweise stammt ursprünglich aus Zwieselstein in Sölden. Sie wurde um 1700 gebaut und 1945/46 von den sechs Eigentümern restauriert, die sie schließlich dem Museum schenkten. Die Mühle wurde 1977 an den Lehnbach übertragen.
Die alte Lehner Mühle stand, ein wenig tiefer gelegen, auf der gegenüberliegenden Bachseite.

10 — Schwinghütte
Die Schwinghütte

Die letzte ihrer Art? Der unscheinbare eingeschoßige Ständerbau fällt von außen nur durch das Wasserrad in der Radstube und das Brettergerinne mit Sandfang auf. Dabei ist diese Schwinghütte eine Besonderheit. Sie ist einerseits eine ureigene Ötztalerin, da andernorts ausschließlich manuell geschwungen wurde – mit Schwingbrett oder Schwingschaufel (zu sehen im Hauptgebäude, Lehn 24) – und nur hier mit Wasserkraft. Andererseits, weil sie vielleicht die letzte ihrer Art ist – im Ötztal und vermutlich auch überall sonst.
Diese Schwinghütte stand bis 1975 in der Gemeinde Umhausen in Östen/Lehn.

Nachdem der Flachs im „Pluil“ war, kommt er in die Schwinghütte. Hier wird er von den holzigen Resten der im „Pluil“ gebrochenen Stängel gereinigt. Das Flachsbündel wird dazu zwischen die Beischwinge und die sich sehr schnell drehenden Holzmesser des Schwingrads „geschwungen“ – so werden die holzigen Reste aus dem Bündel entfernt.